Ein Telegramm der deutschen Gesandtschaft in Bern berichtet, der Schweizer Polizeichef Rothmund habe erklärt, daß die Beschränkung des Visumzwangs auf deutsche Juden möglich wäre, wenn aus den Pässen klar ersichtlich würde, ob die betreffenden deutschen Staatsangehörigen Juden sind. (ADAP, Serie D, Bd. V, Nr. 643 Fußnote)
Der Ministerrat beschließt, daß alle jüdischen Lehrkräfte, Direktoren, Assistenten usw., die an staatlichen, halbstaatlichen und staatlich anerkannten Schulen und Universitäten tätig sind, zum 16. Oktober 1938 entlassen werden. Jüdische Schüler und Studenten müssen diese Einrichtungen ebenfalls verlassen. Studenten, die schon in früheren Semestern an den Universitäten eingeschrieben waren, können ihr Studium vorläufig fortsetzen.
Der Ministerrat faßt außerdem folgenden Beschluß zur "Stellung der Ausländer jüdischer Rasse"
:
Die Zulassung zur Patentanwaltschaft kann Personen versagt werden, die nicht deutschen oder artverwandten Blutes sind oder deren Ehegatte nicht deutschen oder artverwandten Blutes ist. (RGBl I, S. 1150f.)
Vorher war nur die Abstammung des Bewerbers selbst maßgeblich.
Eine Direzione Generale per la Demografia e Razza wird im Innenministerium gebildet. Sie erhält die Zuständigkeit für die Koordinierung der Rassengesetzgebung und der verschiedenen Regierungskörperschaften. Sie soll außerdem eine genaue Zählung der in Italien lebenden Juden. Als Ergebnis wird Anfang Oktober amtlich bekannt gegeben, daß etwa 70.000 italienische und ausländische Juden in Italien festgestellt worden seien. (AdG, S. 3755)
Hitler lobt in einer Rede in Nürnberg die antijüdischen Maßnahmen in Italien:
"Drohender denn je erhebt sich über dieser Welt die bolschewistische Gefahr der Völkerzerstörung. Tausendfach sehen wir das Wirken des jüdischen Erregers dieser Weltpest. Ich darf es hier, glaube ich, in meinem und in Ihrer aller Namen bekunden, wie tief innerlich glücklich wir sind angesichts der Tatsache, daß eine weitere große europäische Weltmacht aus eigenen Erfahrungen, aus eigenem Entschluß und auf eigenen Wegen die gleiche Auffassung vertritt und mit bewundernswürdiger Entschlossenheit die weitestgehendsten Konsequenzen gezogen hat." (Domarus, S. 892)
Jüdische Vertreter deutscher Firmen im Ausland sind nach Möglichkeit zu entlassen. In Sonderfällen, in denen dadurch wirtschaftliche Interesse beeinträchtigt würden, muß eine Sondergenehmigung beantragt werden. (Walk, S. 241)
Das Reichswirtschaftsministerium ordnet Beschränkungen für den Verkauf und die Verpachtung von Restaurants, Kantinen, Kiosken und Gasthäusern, die Juden gehören, an. In Ausnahmefällen kann die Wiedereröffnung von Unternehmen dieser Art ausschließlich für Juden gestattet werden. (Walk, S. 241)
Synagogen in Cheb (Eger) und Marienbad im Sudetengebiet werden niedergebrannt.
In der Freien Stadt Danzig wird Juden die Tätigkeit als Arzt untersagt.
Juden dürfen nicht Rechtsanwalt sein. Soweit sie bereits tätig sind, endet ihre Zulassung am 30. November 1938. Zur rechtlichen Beratung und Vertretung von Juden können jüdische Anwälte als sog. Konsulenten arbeiten. (RGBl I, S. 1403-1406)
Krankenpfleger müssen "deutschen oder artverwandten Blutes"
und "poltiisch zuverlässig"
sein. Die staatliche Anerkennung ist einer Krankenpflegeschule zu versagen, wenn der Leiter der Schule wegen seiner oder seines Ehegatten Abstammung nicht Beamter werden könnte oder wenn er nicht "politisch zuverlässig"
ist.
Juden dürfen die Krankenpflege nur an Juden oder in jüdischen Anstalten berufsmäßig ausüben. Die Ausbildung jüdischer Krankenschwestern und jüdischer Krankenpfleger darf nur an jüdischen Krankenpflegeschulen erfolgen; Personen deutschen oder artverwandten Blutes dürfen dort nicht ausgebildet werden. (RGBl I, S. 1310-1313)
Bericht über die deutsch-schweizerischen Verhandlungen vom 27. bis 29. September in Berlin.
Zur Regelung der Frage der Einreise deutscher Juden in die Schweiz sei beabsichtigt:
Nach dem Münchner Abkommen vom 29. September 1938 (Unterzeichner: Deutschland, Italien, Großbritannien und Frankreich) annektiert Deutschland die "Sudeten-Gebiete"
, d.h. die mehrheitlich von Deutschsprachigen bewohnten Grenzgebiete der Tschechoslowakei.
Etwa 200.000 Menschen fliehen in den folgenden Monaten aus den annektierten Gebieten oder werden von den Deutschen vertrieben. Von früher über 27.000 Juden (Stand 1930) leben dort im Mai 1939 nur noch 2.363. Aus Wien werden im Oktober 1938 über 25.000 Juden tschechoslowakischer Staatsangehörigkeit gewaltsam abgeschoben. Viele werden in das 'Niemandsland' längs der neuen Grenzen verjagt, wo sie wochenlang unter freiem Himmel kampieren müssen, weil zunächst niemand sie aufnehmen will.