Gespräch des deutschen Außenministers Ribbentrop mit dem bulgarischen König Boris.
Der König sagt, er habe Seine Zustimmung zur "Abschiebung nach Osteuropa"
bisher nur für die Juden aus den annektierten Gebieten Makedonien und Thrakien gegeben. "Von den Juden aus Bulgarien selbst wolle er nur eine geringe Zahl bolschewistisch-kommunistischer Elemente abschieben lassen, die übrigen ca. 25.000 Juden hingegen im Lande in Konzentrationslagern zusammenfassen lassen, weil er sie dort für den Straßenbau benötige."
Ribbentrop erwidert, "daß nach unserer Auffassung in der Judenfrage die radikalste Lösung die allein richtige sei."
(ADAP, Serie E, Bd. V, Nr. 273)
Einrichtung des "Aufenthaltslagers"
Bergen-Belsen in Niedersachsen. Dort sollten vor allem jüdische Menschen "konzentriert"
werden, die unter Umständen für Austauschzwecke in Frage kommen könnten - insbesondere Personen mit verwandtschaftlichen, politischen oder wirtschaftlichen Beziehungen in den Staaten der Alliierten.
Ab Frühjahr 1944 wurde Bergen-Belsen auch zu einem Aufnahmelager für nicht mehr arbeitseinsatzfähige Häftlinge und (seit August 1944) zum Durchgangslager für evakuierte Zwangsarbeiterinnen und weibliche Gefangene aus anderen Konzentrationslagern. Unter ihnen war Anne Frank, die im März 1945 ebenso wie ihre Schwester an Typhus starb. Insgesamt starben allein in der Zeit von Januar bis April 1945 etwa 35.000 Menschen in Bergen-Belsen.
Aus Wien geht ein Zug mit rund 70 Menschen nach Theresienstadt ab.
Nach Angaben der Reichsvereinigung leben im Altreich 31.807 Juden.
Aus dem Reichsgebiet trifft ein Transport mit Zigeunern in Auschwitz ein. 29 Frauen und Mädchen sowie 27 Männer und Jungen werden in das Lager eingewiesen. (Czech, S. 458)
Aus dem Ghetto in Saloniki werden 2.800 Menschen nach Auschwitz eingeliefert. Nach der "Selektion"
werden 258 Frauen und 334 Männer als Häftlinge übernommen; 2.208 Menschen werden in den Gaskammern getötet.
Ein Transport mit deutschen und österreichischen Zigeunern kommt in Auschwitz an. 125 Frauen und Mädchen sowie 101 Männer und Jungen werden in das Lager eingewiesen. (Czech, S. 458-459)
Aufzeichnung Wagners, Auswärtiges Amt, zur "Judenfrage in Bulgarien"
.
"Bulgarien kennt eine der deutschen analoge Judengesetzgebung. Seit dem vergangenen Jahre wurde durch Ermächtigungsgesetz die Bestimmung des Judenbegriffs festgelegt, die Kennzeichnung durch Judenstern (außer bei Mischehe), ferner Namens- und Wohnungsbeschränkung eingeführt, die gewerbliche und wirtschaftliche Bewegungsmöglichkeit der Juden weitgehend eingeschränkt und die Liquidation jüdischer Unternehmen weiter vorgetrieben. Ein eigens errichtetes Judenkommissariat im Ministerium für Inneres und Volksgesundheit (Judenkommissar A. Belev) regelt alle Fragen im einzelnen."
"uneingeschränkt allen unseren Judenmaßnahmen einschließlich der Abschiebung nach den Ostgebieten (...)."
"Aussiedlung"der im Land lebenden Juden
"nach den Ostgebieten"entschlossen und dafür
"unsere Hilfe angenommen". Als
"Fachmann"sei zu diesem Zweck Dannecker (SS) seit Ende Januar 1943 in Sofia stationiert.
"Der Entschluß zur Aussiedlung nach den Ostgebieten kam erst nach mancherlei Widerstand zustande."Erst kürzlich wurde im Parlament ein Antrag eingebracht, die Deportationen einzustellen,
"da das Schicksal, das die Juden in den deutschen Ostgebieten erwarte, die elementarsten Gebote der Menschlichkeit verletzte".
Trotzdem sei die "Aussiedlung"
von zunächst 20.000 Menschen angeordnet worden, in erster Linie Nicht-Bulgaren aus den annektierten Gebieten. Bisher seien aus Makedonien 7.240 und aus Thrakien 4.219 Juden "ausgesiedelt"
worden. Aus dem eigentlichen Bulgarien sollen 6.000 Juden, zur Hälfte aus Sofia, deportiert werden. Diese "Aussiedlungsaktion"
soll bis Ende Mai 1943 abgeschlossen sein; weitere sollen danach folgen, worüber aber mit den bulgarischen Stellen noch nichts vereinbart sei.
5. Offen geblieben sei noch die Frage des "Entgelts für die deutsche Mithilfe"
bei den Deportationen. (ADAP, Serie E, Bd. V, Nr. 275)
Bericht des deutschen Gesandten von Jagow an das Auswärtige Amt.
"Innenpolitisch machen sich destruktive und defaitistische Bestrebungen immer bemerkbarer. (...) Die Juden bekommen ihren Einfluß immer mehr zurück. Im Oktober angekündigtes Gesetz über Vermögensabgabe der Juden ist bisher nicht ergangen. - Wirtschaftlich fehlt es an der vollen Einsatzbereitschaft. Jüdischer Einfluß wirkt im stillen sabotierend." (ADAP, Serie E, Bd. V, Nr. 276)
Ein Transport mit österreichischen Zigeunern kommt in Auschwitz an. 34 Frauen und Mädchen sowie 44 Männer und Jungen werden als Häftlinge registriert. (Czech, S. 461)
Bericht des Militärattachés an der deutschen Gesandtschaft in Budapest, von Papenheim, an das Oberkommando des Heeres.
Ab 15. April sollen alle Juden bis zu 37 Jahren zum Arbeitsdienst in den "Judenkompanien"
eingezogen werden. Ungarn würde die 12 Baubataillone, die mit den ungarischen Divisionen in der Ukraine bleiben sollen, gern ganz oder zum größten Teil aus "Judenkompanien"
bilden. Man habe aber "gewisse Bedenken"
, da auf dem Rückzug nach dem sowjetischen Durchbruch am Don die aus Juden gebildeten ungarischen Arbeitsdienst-Einheiten von den Deutschen sehr schlecht behandelt und viele jüdische Arbeitsdienstler sogar erschossen worden seien. Ungarn wünsche sich daher als Voraussetzung für die Entsendung neuer "Judenkompanien"
eine formlose Erklärung, daß diesen von deutscher Seite nichts Böses geschehen werde. (ADAP, Serie E, Bd. V, Nr. 279)
Ein Transport mit 2.020 jüdischen Menschen geht aus Westerbork zum Vernichtungslager Sobibor ab.
Ende der ersten Phase der Massenmorde im Vernichtungslager Chelmno/Kulmhof. Das Lager wird aufgelöst, die Anlagen gesprengt. Die Tötungen in mehreren LKWs, die zu fahrenden Gaskammern umgebaut worden waren, hatten Anfang Dezember 1941 begonnen. Ermordet wurden zunächst die jüdischen Einwohner der Dörfer und Kleinstädte der Umgebung, dann ab Mitte Januar 1942 mehr als 70.000 Menschen aus dem Ghetto von Lodz, darunter auch 15.000 Deportierte aus dem Reichsgebiet.
Im April 1944 wurde in Chelmno erneut ein Vernichtungslager errichtet, das ab dem 23. Juni 1944 vor allem zur Ermordung der letzten Bewohnerinnen und Bewohner des Lodzer Ghettos benutzt wurde. (EdH, S. 282)
Das Auswärtige Amt an das RSHA.
Die bulgarische Regierung habe sich auf Verhandlungen über einen englischen Vorschlag, 4.000 jüdischen Kindern die Einreise nach Palästina zu gestatten, eingelassen; doch sei angeblich beabsichtigt, die Ausreise durch Vorschützen technischer Schwerigkeiten zu verhindern.
Wie weit man sich darauf verlassen könne, bleibe abzuwarten. Maßgebliche bulgarische Stellen hätten in der "Judenfrage"
in letzter Zeit "eine sehr schwankende Haltung an den Tag gelegt"
. "Einflußreiche jüdische Kreise"
hätten "gerade in der letzten Zeit nicht ohne Erfolg alles darangesetzt, um die bulgarischen Judenmaßnahmen zu mildern, zu verwässern oder gar zu durchkreuzen."
Es habe sich auch gezeigt, daß die bulgarische Regierung der Durchreise jüdischer Kinder aus Rumänien nach Palästina, trotz gegenteiliger Zusicherungen an die Deutschen, schließlich doch zugestimmt habe.
"Diese Beobachtungen passen gut in den Rahmen einer allgemeinen Abkehr von strengen Judenmaßnahmen, die sich auch in den anderen Südostgebieten zeigt."
So könnten jetzt in Rumänien Juden, die Verdienste um den Staat aufzuweisen haben, durch ein Dekret Marschall Antonescus den Rumänen "blutmäßig gleichgestellt werden"
. (ADAP, Serie E, Bd. V, Nr. 282)
Rundschreiben des Vertrauensmanns der privilegierten Mischehen.
1.000 Menschen werden aus dem Ghetto von Tarnopol (Ukraine) abgeführt und am Stadtrand erschossen.
Aus dem Ghetto in Saloniki werden 2.500 Menschen nach Auschwitz eingeliefert. Nach der "Selektion"
werden 318 Männer und 161 Frauen als Häftlinge registriert; 2.021 Menschen werden in den Gaskammern ermordet.
Ein Transport mit österreichischen Zigeunern kommt in Auschwitz an. 61 Frauen und Mädchen sowie 52 Männer und Jungen werden in das Lager übernommen. (Czech, S. 463)
Ankunft eines Zuges mit etwa 2.750 Menschen aus dem Ghetto von Saloniki in Auschwitz. 246 Frauen und 537 Männer werden in das Lager eingewiesen; die anderen etwa 1.967 Menschen werden in den Gaskammern getötet.
Aus dem KL Mauthausen werden auf Anordnung des WVHA 658 Häftlinge zur Arbeit in den Buna-Werken nach Auschwitz überstellt. (Czech, S. 464)
Griechenland/Auschwitz
Ankunft eines Transports mit etwa 2.800 Menschen aus dem Ghetto von Saloniki in Auschwitz. 364 Frauen und 500 Männer werden in das Lager eingewiesen; die anderen Menschen aus diesem Zug werden in den Gaskammern getötet. (Czech, S. 468)
Aus Westerbork geht ein Zug mit 1.204 jüdischen Menschen nach Sobibor ab.
Der deutsche Gesandte in Zagreb, Kasche, an das Auswärtige Amt.
Die Deportation der letzten Juden aus Kroatien verzögert sich wegen noch nicht vollständig durchgeführter Erfassung. Mit Beginn des Abtransports ist in etwa 14 Tagen zu rechnen; 1.500 Juden sollen davon betroffen sein. Die Verhandlungen mit italienischen Stellen über die Deportation der Juden aus der von Italien besetzten dalmatinischen Küstenzone seien nicht vorangekommen. Die Juden seien von den Italienern in Lagern und Hotels untergebracht worden, "wo ihnen äußerst gute und zuvorkommende Behandlung zuteil wird"
. (ADAP; Serie E, Bd. V, Nr. 298)
Der deutsche Gesandte in Bratislawa, Ludin, an das Auswärtige Amt.
Die slowakischen Bischöfe haben den katholischen Geistlichen einen gegen die antijüdischen Maßnahmen gerichteten Hirtenbrief zur Verlesung in allen Kirchen am 21. März zugestellt. Insgesamt habe der Hirtenbrief aufgrund der "aus Erfahrung grundsätzlich antisemitischen Einstellung des slowakischen Volkes"
sowie wegen der "in den letzten Jahren konsequent durchgeführten und von uns gesteuerten antisemitischen Propaganda"
keine günstige Aufnahme gefunden.
Ministerpräsident Tuka habe ihn jedoch gebeten, Deutschland möge verbreiteten "Greuelmärchen"
über Massenmorde an Juden in der Ukraine entgegentreten. Es wäre, so Tuka, propagandistisch wertvoll, wenn eine slowakische Delegation, der vielleicht auch ein katholischer Geistlicher angehören sollte, ein deutsches Judenlager besuchen könnte.
"An der grundsätzlichen Einstellung der slowakischen Regierung zur Judenfrage bzw. an der grundsätzlichen Entschlossenheit gewisser Regierungskreise zur Aussiedlung der Juden hat sich nach meinen Beobachtungen durch den Hirtenbrief nichts geändert. Es kann im Gegenteil festgestellt werden, daß auch bei Persönlichkeiten, die bisher der Judenaussiedlung gegenüber sehr zurückhaltend waren, größere Bereitschaft zur Fortführung der Aktion besteht."
"Ich habe unsere Propagandastellen angewiesen, die antisemitische Propaganda konsequent fortzusetzen, zum Hirtenbrief jedoch sowie zur Frage der Judenaussiedlung keine Stellung zu nehmen. Gleichermaßen vermied ich es auch weiterhin, in Fragen der Judenaussiedlung irgendwelchen Druck auf die slowakische Regierung auszuüben. (...) Grundsätzlich stehe ich natürlich auf dem Standpunkt, daß die möglichst schnelle und vollständige Aussiedlung der Juden aus der Slowakei dringend erwünscht ist." (ADAP, Serie E, Bd. V, Nr. 299)
Gespräch zwischen Außenminister Ribbentrop und dem rumänischen Staatschef Marschall Antonescu.
Antonescu beschwert sich, "daß ihm beim Abtransport rumänischer Juden über Bulgarien nach Palästina auf Betreiben deutscher Stellen"
von den Bulgaren Schwierigkeiten beim Transit gemacht würden. Auf eine Frage Ribbentrops, "ob nicht rumänische Juden nach Rußland geschickt werden könnten"
, erwähnt Antonescu, daß er gern 100.000 Juden in der Gegend von Kriwoi-Rog ansiedeln würde, um sie dort in der Bergwerksindustrie einzusetzen. "Er bitte aber, sie nicht umbringen zu lassen, da er in einem früheren Stadium sich veranlaßt gesehen habe, die Entsendung rumänischer Juden nach Deutschland einzustellen, als sich herausstellte, daß sie dort lediglich umgebracht wurden."
(ADAP, Serie E, Bd. V, Nr. 300)
Ein Transport mit Zigeunern aus dem Reichsgebiet kommt in Auschwitz an. 15 Frauen und Mädchen sowie 20 Männer und Jungen werden in das Lager übernommen. (Czech, S. 468)
Das Auswärtige Amt an die deutsche Botschaft in Ankara:
Die Regierungen Englands und der USA seien bemüht, Rumänien, Bulgarien und Ungarn zu veranlassen, die Ausreise jüdischer Kinder nebst erwachsenem Begleitpersonal nach Palästina zu erlauben. Die Verhandlungen hätten schon zur Ausreise kleiner Gruppen von Juden geführt.
Die deutsche Regierung betrachtet diese Vorgänge als "unerwünscht"
. Die Vertretungen in Bukarest, Sofia und Budapest wurden angewiesen, "darauf hin zu wirken, daß derartige Ausreisen in Zukunft unterbleiben"
. Die rumänische Regierung habe eine entsprechende Zusage gegeben.
Möglicherweise seien die "Feindmächte"
auch an die türkische Regierung mit der Bitte herangetreten, beim Transit zu helfen. Das AA lege Wert auf Informationen darüber sowie auf einen Bericht, ob nach Ansicht der Botschaft eine Möglichkeit besteht, die türkische Regierung zu veranlassen, keine Transitvisa zu erteilen. (ADAP, Serie E, Bd. V, Nr. 303)
Ein Transport mit österreichischen Zigeunern kommt in Auschwitz an; annähernd 1.850 Menschen werden in das Lager eingewiesen. (Czech, S. 470)
Gespräche Hitlers und Ribbentrops mit dem ungarischen Staatschef Horthy.
Hitler: "Deutschland stehe heute moralisch gefestigt da, weil es die Juden entfernt habe, von denen auch die letzten innerhalb kurzer Zeit nach dem Osten verschwinden würden. (...) Wenn Deutschland heute unter den verbündeten Ländern das einzige Land sei, das innerlich völlig intakt dastehe, so sei dies nur deshalb der Fall, weil die jüdische Zersetzung unmöglich gemacht worden sei."
Horthy legt dar, daß Ungarn in dieser Frage erhebliche Schwierigkeiten habe, da es als kleines Land 200.000 Juden mehr auf seinem Gebiet habe als Deutschland vor 1933. Aus historischen Gründen sei die Rolle der Juden in Ungarn groß. Wirtschaftlich könne Ungarn die Juden nicht ersetzen. Außerdem gebe es in Ungarn eine ganze Anzahl von getauften Juden, "unter denen viele wertvolle Menschen seien. Er habe alles getan, was man anständigerweise gegen die Juden unternehmen könne, aber ermorden oder sonstwie umbringen könne man sie ja wohl nicht"
.
Hitler antwortet, "daß dies auch nicht nötig sei. Ungarn könnte genauso wie die Slowakei die Juden in Konzentrationslagern unterbringen."
Es bestünde ja auch die Möglichkeit, sie in Bergwerken arbeiten zu lassen. Sie müßten aber auf alle Fälle von jeder Einflußnahme in ihrem Gastland ausgeschaltet werden. (ADAP, Serie E, Bd. V, Nr. 315)
Aus dem Ghetto in Saloniki werden etwa 3.000 Menschen nach Auschwitz eingeliefert. Nach der "Selektion" werden 467 Männer und 262 Frauen als Häftlinge registriert; etwa 2.270 Menschen werden in den Gaskammern ermordet. (Czech, S. 471)
"Der Führer gibt eine Anweisung heraus, in stärkstem Umfange jetzt die Judenfrage wieder in den Vordergrund unserer Propaganda zu stellen. Das entspricht durchaus meinen Ansichten und meinen vielfach an die Presse gegebenen Anweisungen, die leider nicht mit der Genauigkeit durchgeführt worden sind, wie ich das eigentlich gewollt hatte. (...)
Wir werden die antisemitische Propaganda so hochkitzeln, daß wie in der Kampfzeit das Wort 'Jude' wieder mit dem verheerenden Ton ausgesprochen wird, wie es ihm gebührt. Es muß soweit kommen, daß auch ein feindlicher Staatsmann sich an der Seite eines Juden gar nicht mehr zeigen darf, ohne sofort auch bei seinem eigenen Volke in den Geruch zu kommen, ein Judendiener zu sein." (Fröhlich II, Bd. 8, S. 114-115)
Ankunft eines Transports mit etwa 2.500 Menschen aus dem Ghetto von Saloniki in Auschwitz. 245 Frauen und 360 Männer werden als Häftlinge übernommen, die anderen 1.900 Menschen werden in den Gaskammern getötet. (Czech, S. 471)
"Daß wir, einer Anordnung des Führers gemäß, das Judenproblem in die Debatte geworfen haben, wirkt sich außerordentlich gut aus. Der Antisemitismus ist selbst in den Feindstaaten in rapidem Wachsen begriffen. Vor allem kommen solche Meldungen aus England. Wenn wir die antisemitische Frage mit Hochdruck weiter bearbeiten, so werden die Juden auf die Dauer arg in Mißkredit geraten. Man muß hier nur Zähigkeit und Beständigkeit bewahren; denn das Judenproblem ist so festgefroren, daß es sehr schwer ist, es wieder in Fluß zu bringen."
"Die Judenfrage in Berlin ist immer noch nicht ganz gelöst. Es befinden sich noch eine ganze Reihe von sogenannten 'Geltungsjuden', von Juden aus privilegierten Mischehen und auch von Juden aus Mischehen, die nicht privilegiert sind, in Berlin. Daraus entstehen eine Unmenge von außerordentlich schwerwiegenden Problemen. Jedenfalls veranlasse ich, daß alle Juden, die sich jetzt noch in Berlin befinden, einer erneuten Prüfung unterzogen werden. Ich möchte nicht, daß Juden noch mit dem Judenstern in der Reichshauptstadt herumlaufen. Entweder muß man ihnen den Judenstern nehmen und sie privilegieren oder sie im anderen Falle endgültig aus der Reichshauptstadt evakuieren. Ich bin der Überzeugung, daß ich mit der Befreiung Berlins von den Juden eine meiner größten politischen Leistungen vollbracht habe. Wenn ich mir vorstelle, wie Berlin im Jahre 1926 aussah, als ich hierher kam, und wie es im Jahre 1943 aussieht, nachdem die Juden endgültig evakuiert werden, dann kann ich erst ermessen, was auf diesem Gebiet geleistet worden ist." (Fröhlich II, Bd. 8, S. 123ff)
Der Inspekteur für Statistik, Richard Korherr, legt im Auftrag Himmler eine interne Dokumentation zur "Endlösung der Judenfrage in Europa"
vor.
Vergleich der Zahl der Juden zur Zeit der NS-Regierungsübernahme mit dem Stand am 31.12.42: Altreich und Sudentenland 591.000/51.327. Österreich 220.000/8.102. Protektorat Böhmen und Mähren 118.000/15.550. Annektierte Ostgebiete (mit Bialystok) 790.000/233.210. Generalgouvernement 2 Millionen/297.914. Zusammen 3, 72 Mio./606.103.
Bei einem Anfangsbestand von 929.000 Menschen (Altreich, Österreich und Protektorat Böhmen und Mähren) verminderte sich (gegenüber 1933) die Zahl durch Auswanderung (und Vertreibung) um 557.357, durch den Sterbeüberschuß um 82.776 und durch Evakuierung (Deportation) um 217.748.
"Die Judenzahl des Altreichs hat sich inzwischen weiter von 51.327 am 31. Dezember 1942 auf 31.910 am 1. April 1943 vermindert. Unter diesen 31.910 Juden leben über die Hälfte, nämlich 16.668 in Mischehe, davon 12.117 in privilegierter und 4.551 in nicht privilegierter Mischehe."
21.659 Juden befanden sich zu Beginn des Jahres 1943 in "kriegswichtigem Arbeitseinsatz"
. "Dazu kommen in kriegswichtigem Arbeitseinsatz 18.435 sowjetrussische Juden im Inspekteurbereich Königsberg, 50.570 staatenlose und ausländische Juden im Lagereinsatz Schmelt (Breslau) und 95.112 ehemalige polnische Juden im Ghetto- und Lagereinsatz im Inspekteurbereich Posen."
Deportationen aus anderen europäischen Ländern (an erster Stelle bis zum Stichtag 31.12.41, an zweiter Stelle erstes Vierteljahr 1943):
Frankreich (soweit vor dem 10.11.42 besetzt): 41.911/7.995. Niederlande 38.571/13.832. Belgien 16.886/1.616. Norwegen 532/158.
Griechenland ---/13.435. Slowakei 56.691/854. Kroatien 4.927/---. Bulgarien ---/11.364. Aus den russischen Gebieten einschließlich der baltischen Länder 633.300/ ---. Zusammen 792.818/49.254.
"Die Verminderung des Judentums in Europa dürfte damit bereits an vier Millionen Köpfe betragen. Höhere Judenbestände zählen auf dem europäischen Kontinent (neben Rußland mit etwa vier Millionen) nur noch Ungarn (750.000) und Rumänien (302.000), vielleicht noch Frankreich. Berücksichtigt man neben dem angeführten Rückgang die jüdische Auswanderung und den jüdischen Sterbeüberschuß in den außerdeutschen Staaten Mittel- und Westeuropas, aber auch die unbedingt vorkommenden Doppelzählungen infolge der jüdischen Fluktuation, dann dürfte die Verminderung des Judentums in Europa von 1937 bis Anfang 1943 auf 4,5 Millionen zu schätzen sein. Dabei konnte von den Todesfällen der sowjetrussischen Juden in den besetzten Ostgebieten (d.h. RK Ostland und RK Ukraine) nur ein Teil erfaßt werden, während diejenigen im übrigen europäischen Rußland und an der Front überhaupt nicht enthalten sind. Dazu kommen die Wanderungsströme der Juden innerhalb Rußlands in den asiatischen Bereich hinüber. Auch der Wanderungsstrom der Juden aus den europäischen Ländern außerhalb des deutschen Einflußbereichs nach Übersee ist eine weitgehend unbekannte Größe.
Insgesamt dürfte das europäische Judentum seit 1933, also im ersten Jahrzehnt der nationalsozialistischen Machtentfaltung, bald die Hälfte seines Bestandes verloren haben. Davon ist wieder nur etwa die Hälfte, also ein Viertel des europäischen Gesamtbestandes von 1937, den anderen Erdteilen zugeflossen." (Poliakov/Wulf, S. 243-248)
Bericht des Leiters der Ghetto-Verwaltung von Lodz, Biebow, an den Bürgermeister von Lodz, Ventzki.
Die Ernährung der Juden habe jetzt einen Punkt erreicht, wo ein für die Wehrmacht schädlicher Produktionsrückgang drohe. In Geschäften und Fabriken, wo der 12-Stunden-Tag eingeführt wurde (in Tag- und Nachtschicht), brächen die Arbeiter, besonders die im Stehen arbeitenden, an ihren Plätzen zusammen. Zum Zeitpunkt der letzten "Evakuierung"
im September 1942 seien alle kranken und gebrechlichen Juden deportiert worden; dennoch habe die Sterblichkeit zwischen diesem Zeitpunkt und Ende März 4.658 betragen. Das Essen in den Gemeinschaftsküchen der Fabriken sei unzumutbar; es gebe keine Kartoffeln mehr. Kein jüdisches Arbeitslager oder Strafgefangenenlager komme auch nur annähernd mit dem gleichen niedrigen Verpflegungssatz aus. Dabei sei der Auftragsbestand des Ghettos um mindestens das 15fache höher als zur gleichen Zeit des Vorjahres. Er bitte, in diesem Sinn mit den zuständigen Stellen in der Gauleitung zu sprechen. (Lodz, S. 242)
Beginn der "Liquidierung"
des Warschauer Ghettos. Die eindringenden deutschen Polizeikräfte, die die Menschen zur Deportation zusammentreiben sollen, stoßen auf heftige bewaffnete Gegenwehr. Es beginnt der Kampf um das Warschauer Ghetto, der erst Mitte Mai vom deutschen SS- und Polizeigeneral Stroop für beendet erklärt wird.
Das Warschauer Ghetto war 1940 eingerichtet worden. Im Sommer 1942 waren mehr als 300.000 Menschen in das Vernichtungslager Treblinka deportiert worden. Im April 1943 lebten nur noch rund 60.000 Menschen im Ghetto.
Eine von den USA und Großbritannien einberufene Konferenz auf der Insel Bermuda soll Rettungs- und Aufnahmemöglichkeiten für Juden und andere europäische Flüchtlinge diskutieren.
Richard Law, Vertreter des britischen Außenministeriums, legt dar, daß Seine Regierung Verhandlungen mit Deutschland über die Freigabe von Juden, einen Austausch deutscher Staatsangehöriger gegen Juden und die Lieferung von Lebensmitteln für verfolgte Personen in Europa ablehnt. Die Alliierten könnten nicht die Verantwortung für 20-30 Millionen Menschen übernehmen, die eine Last für Hitler darstellten.
Ein US-amerikanischer Schiffahrts-Experte schließt für viele Monate die Nutzung alliierter Schiffe für den Transport von Flüchtlingen aus. Als (einzige) praktische Maßnahme errichten die USA Flüchtlingslager in Fedhala und Philippeville im französischen Marokko. Etwa 630 jüdische Flüchtlinge werden in Fedhala untergebracht; das andere Lager ist stärker belegt. Vertreter der Bewegung Freies Frankreich von de Gaulle widersetzen sich dem britischen Vorschlag, ein Flüchtlingslager auf Madagaskar zu errichten.
Britische Vertreter kündigen die Bereitschaft ihrer Regierung an, 29.000 jüdische Menschen in Palästina aufzunehmen, jedoch "aus Sicherheitsgründen"
nur Kinder und deren Begleiter. 4.000 jüdische Kinder könnten aus Bulgarien übernommen werden.
Aus Neudorf in Niederschlesien werden etwa 1.000 Juden nach Auschwitz eingeliefert. 299 Männer und 158 Frauen werden in das Lager übernommen, die anderen etwa 543 Menschen werden in den Gaskammern getötet.
Ein Transport mit Zigeunern kommt in Auschwitz an. 19 Frauen und Mädchen sowie 35 Männer und Jungen werden als Häftlinge registriert. (Czech, S. 472)
Ein Deportationszug mit 1.166 Menschen geht aus Westerbork zum Vernichtungslager Sobibor ab.
Vortragsnotiz des Legationsrats Wagner, Auswärtiges Amt.
Am 10.11.41 sei die deutsche Gesandtschaft in Bukarest angewiesen worden, der rumänischen Regierung mitzuteilen, "daß im Zuge der Abschiebung der Juden aus Deutschland auch Juden anderer europäischer Staatsangehörigkeit mit erfaßt werden sollen"
, um ihr Gelegenheit zu geben, ihre Staatsangehörigen rechtzeitig vorher zurückzuholen.
Am 13.11.41 habe Gesandter von Killinger mitgeteilt, Bukarest überlasse es der deutschen Seite, Seine jüdischen Staatsangehörigen aus dem deutschen Machtbereich "nach dem Osten abzuschieben"
.
Am 8.2.43 habe das Auswärtige Amt einem Erlaß des Chefs der Sicherheitspolizei und des SD zugestimmt, "demzufolge Juden rumänischer Staatsangehörigkeit den allgemeinen Judenmaßnahmen zu unterwerfen sind."
Inzwischen sei nach Auskunft des zuständigen Sachbearbeiters beim RSHA die Erfassung der rumänischen Juden (im deutschen Machtbereich) durchgeführt, und der Abtransport sei bereits zu einem erheblichen Teil erfolgt.
Am 12.4.43 jedoch habe die rumänische Regierung gefordert, alle Juden rumänischer Staatsangehörigkeit freizulassen und ihnen die Ausreise zu gestatten. Auf Initiative Ribbentrops sei daraufhin das RSHA angewiesen worden, sämtliche Maßnahmen gegen rumänische Juden zu stoppen. Doch werde dies nur noch in wenigen Fällen ein Ergebnis haben, "da eine Feststellung des Verbleibs der bereits zum Arbeitseinsatz in die Ostgebiete abtransportierten Juden und ihre Rückführung in das Reich (...) technisch undurchführbar"
sei. (ADAP, Serie E, Bd. V, Nr. 323)
Ein Transport mit 295 Menschen verläßt Amsterdam mit Ziel Theresienstadt. Es handelt sich um deutsche Juden, von denen die meisten zuvor in Westerbork interniert waren: überwiegend im 1. Weltkrieg schwer verwundete und ausgezeichnete Soldaten mit ihren Frauen und ihren Kindern bis zu einer Altersgrenze von 15 Jahren.
Gemäß Erlaß vom 2.7.42 werden jüdische Mischlinge zum Besuch in Fachschulen nur mit besonderer Erlaubnis des Ministers zugelassen. Nunmehr gilt dies auch für den Besuch von Abendkursen im Rahmen der Fachschulen. (Walk, S. 397)
Aus dem Ghetto in Saloniki werden 2.800 Juden nach Auschwitz eingeliefert. 413 Frauen und 255 Männer werden als Häftlinge übernommen; die anderen 2.132 Menschen werden in den Gaskammern getötet.
Aus dem Lager Malines kommt ein Transport mit 1.400 jüdischen Menschen - darunter 262 Kinder - in Auschwitz an. 245 Frauen und 276 Männer werden in das Lager eingewiesen; 879 Menschen werden gleich nach der Ankunft in die Gaskammern geschickt. (Czech, S. 474-475)
Gespräch Hitlers und Ribbentrops mit dem slowakischen Präsidenten Tiso.
Hitler klagt, "wie wenig Ungarn gegen die Juden unternommen habe. Er versuche alles, um eine europäische Front gegen den Bolschewismus zu errichten. Gleichzeitig aber erhebe sich die bolschewistische Gefahr auch im Innern verschiedener Länder, besonders in einem Staat wie Ungarn mit seinen zahlreichen Juden. Er ziehe es vor, eine Zeitlang wegen seiner Judenpolitik beschimpft zu werden und dann Ruhe zu haben, als dauernd in Unruhe zu leben. Wenn in den ungarischen Auswärtigen Ausschuß vier Juden und in den Finanzausschuß zwei Juden hineingewählt werden konnten, so könne man feststellen, daß Ungarn in seiner Judenpolitik weiter zurück sei als alle anderen Staaten, selbst Frankreich eingeschlossen."
Auf die Bemerkung Tisos, aufgrund des Verschwindens der Juden aus Slowakien gebe es in der Armee und im Volk keinerlei Kampfmüdigkeit, stimmt Hitler zu "und bezeichnete die Juden als einen Krankheitserreger, den man vom gesunden Volkskörper fernhalten müsse. In Deutschland ergäbe sich dies mit aller Klarheit aus dem Unterschied zwischen der Lage in den Jahren 1917/18, wo von Juden geförderte Munitionsstreiks ausgebrochen seien, und der heutigen Lage."
(ADAP, Serie E, Bd. V, Nr. 338)
Aufzeichnung des Staatssekretärs im Auswärtigen Amt, von Weizsäcker.
Der italienische Geschäftsträger Baldoni habe ihm eine Notiz übergeben, "die sich auf die Behandlung der Juden unzweifelhaft italienischer oder wahrscheinlich italienischer Staatsangehörigkeit bezieht. Herr Baldoni betonte die Dringlichkeit der Sache insbesondere hinsichtlich der vorläufigen Sistierung des Abtransports von Juden der genannten zweiten Kategorie."
- Die Italienische Regierung hoffe, "daß wir auch bezüglich Griechenlands dasselbe Verfahren einer Einigung durch die deutsche Botschaft in Rom einschlagen werden, das wir hinsichtlich der Juden in den sonst von Deutschland besetzten Gebieten geübt haben."
(ADAP, Serie E, Bd. V, Nr. 333)
SS- und Polizeigeneral Stroop erhält von Himmler den Befehl, "die Durchkämmung des Ghettos (Warschau) mit größter Härte und unnachsichtlicher Zähigkeit zu vollziehen. Ich entschloß mich deshalb, nunmehr die totale Vernichtung des jüdischen Wohnbezirkes durch Abbrennen, ohne Rücksicht auf die Rüstungsbetriebe, vorzunehmen. Es wurde systematisch ein Betrieb nach dem anderen geräumt und anschließend durch Feuer vernichtet."
(Aus dem Stroop-Bericht, IMT, PS-1061)
Ein Transport mit österreichischen Zigeunern kommt in Auschwitz an. 49 Frauen und Mädchen sowie 57 Männer und Jungen werden in das Lager eingewiesen. (Czech, S. 475)
"Wir haben die Blutsfrage als erste wirklich durch die Tat beantwortet, wobei wir unter Blutsfrage natürlich nicht den Antisemitismus verstehen. Mit dem Antisemitismus ist es genauso wie mit der Entlausung. Es ist keine Weltanschauung, daß man die Läuse entfernt. Das ist eine Reinlichkeitsangelegenheit. Genauso ist der Antisemitismus für uns keine Weltanschauungsfrage gewesen, sondern eine Reinlichkeitsangelegenheit, die ja jetzt bald ausgestanden ist. Wir sind bald entlaust. Wir haben nur noch 20.000 Läuse, dann ist es vorbei damit in ganz Deutschland." (Geheimreden, S.200-201)
Der Reichsbevollmächtigte (Gesandte), Best, an das Auswärtige Amt.
Antijüdische Maßnahmen würden die Dänen als Angriff auf ihre eigenen Rechte und ihre Souveränität begreifen und daher ablehnen. Die Judenfrage spiele zudem in Dänemark quantitativ - bei nur etwa 6.000 Juden, überwiegend in Kopenhagen - und sachlich "eine so geringe Rolle, daß zur Zeit keine praktische Notwendigkeit für besondere Maßnahmen zu erkennen ist."
"Der Rüstungsstab Dänemark, den ich zur Ausschaltung der Juden aus den nach Dänemark verlagerten Rüstungsaufträgen aufgefordert habe, hat festgestellt, daß von etwa 700 beautragten Firmen nur 6 im Sinne der deutschen Judengesetzgebung als jüdisch zu bezeichnen waren."
Außer den dänischen Staatsbürgern leben in Dänemark 1.351 ehemals deutsche, jetzt staatenlose Juden, die bisher "keinerlei Anlaß zum Einschreiten gegeben"
hätten. Auf sie träfen die erwähnten Argumente gegen antijüdische Maßnahmen ebenfalls zu. Anders wäre aber die psychologische Situation, wenn diese Flüchtlinge per Erlaß wieder die deutsche Staatsangehörigkeit bekämen: die Frage der dänischen Souveränität wäre dann nicht berührt. - Best schlägt vor, diese Möglichkeit zu prüfen. (ADAP, Serie E, Bd. V, Nr. 344)
Die Verordnung schafft zwei neue Kategorien: Staatsangehörige auf Widerruf und "Schutzangehörige"
des Deutschen Reichs, die nicht Staatsangehörige sind - insbesondere die Polen in den annektierten Ostgebieten. Juden und Zigeuner können weder Staatsangehörige noch Staatsangehörige auf Widerruf oder Schutzangehörige sein. (RGBl I, S. 268ff)
Ankunft eines Deportationszugs mit 2.700 Menschen aus dem Ghetto von Saloniki in Auschwitz. 445 Männer und 193 Frauen werden in das Lager eingewiesen, die anderen 2.062 Menschen werden in den Gaskammern ermordet. (Czech, S. 477)
Aus Westerbork geht ein Zug mit 1.204 jüdischen Menschen nach Sobibor ab.
Der Chef der Amtsgruppe D im WVHA, Glücks, informiert die Kommandanten der Konzentrationslager über die Entscheidung Himmlers, "daß in Zukunft nur noch geisteskranke Häftlinge durch die hierfür bestimmten Ärztekommissionen für die Aktion 14 f 13 ('Euthanasie'-Morde) ausgemustert werden dürfen. Alle übrigen arbeitsunfähigen Häftlinge (Tuberkulosekranke, bettlägerige Krüppel usw.) sind grundsätzlich von dieser Aktion auszunehmen. Bettlägerige Häftlinge sollen zu einer entsprechenden Arbeit, die sie auch im Bett verrichten können, herangezogen werden."
(IMT, PS-1933)
In Auschwitz wird die Tötung schwerkranker Häftlinge durch Phenolspritzen und Giftgas eingestellt. (Czech, S. 478-479)
Aus dem Ghetto in Saloniki werden 3.070 jüdische Menschen nach Auschwitz eingeliefert. 361 Frauen und 180 Männer werden als Häftlinge übernommen; 2.529 Menschen werden in den Gaskammern getötet.
128 jüdische Frauen aus Griechenland werden für Claubergs Sterilisationsexperimente in die "Versuchsstation"
gebracht. (Czech, S. 479-480)
Die noch im kriegswichtigen Arbeitseinsatz tätigen Juden sind aus ihrem Beschäftigungsverhältnis herauszunehmen und zu melden, soweit sie für eine Evakuierung nach dem Osten oder eine Wohnsitzverlegung nach Theresienstadt in Frage kommen. Zur Vermeidung der Flucht sind die für die Abbeförderung vorgesehenen Juden geschlossen unterzubringen. Diejenigen, die dafür nicht in Frage kommen, sind im geschlossenen, jederzeit widerrufbaren Arbeitseinsatz unterzubringen. (Walk, S. 398)
"Ich schreibe meinen Artikel gegen die Juden fertig. Er wird einiges Aufsehen erregen. Es ist meiner Ansicht nach nötig, über die Judenfrage wieder ein maßgebliches Wort zu sprechen. Sie steht heute wieder im Brennpunkt des öffentlichen Interesses und wird vielfach auch in unseren Kreisen von einer ganz falschen Seite angefaßt. Umso notwendiger ist es, sie wieder grundsätzlich zur Diskussion zu stellen." (Fröhlich II, Bd. 8, S. 177)
Aufzeichnung des Legationsrats Wagner, Auswärtiges Amt (Gruppe Inland II).
Kommandos des RSHA haben begonnen, die Juden aus der von der Wehrmacht besetzten Saloniki-Zone zu deportieren. Wegen der Juden mit nicht-griechischer Staatsangehörigkeit wurde Kontakt zu den betroffenen Regierungen in Rom, Ankara, Madrid, Bern, Budapest, Sofia und Lissabon aufgenommen. Ihnen wurde bis zum 15. Juni Frist gesetzt, ihre jüdischen Staatsbürger zurückzuholen.
Dabei hat sich hinsichtlich Italiens ergeben: In der Saloniki-Zone leben 281 ansässig, die einwandfrei italienische Staatsangehörige sind. In zunächst 48 zweifelhaften Fällen - unter Ankündigung weiterer - hat das italienische Generalkonsulat verlangt, die Betroffenen als Italiener zu behandeln.
Italien hat mit einer Note vom 22. April - unter Hinweis auf Seine Interessen in dem Gebiet und auf die hervorragende Stellung, die Juden dort auf dem Gebiet des Handels- und Finanzwesens haben - gefordert, die Feststellung der italienischen Staatsangehörigkeit ausschließlich italienischen Stellen zu überlassen. Daraufhin sei sofort angewiesen worden, zunächst von Maßnahmen gegen diese Juden abzusehen.
Gruppe Inland II hält es aber, "sofern nicht besondere politische Gründe dies notwendig erscheinen lassen"
, aus folgenden Gründen nicht für vertretbar, den italienischen Wunsch zu erfüllen:
"Bei allen Balkanstaaten hat sich in letzter Zeit die ablehnende Haltung gegenüber judenfeindlichen Maßnahmen versteift. Ein Nachgeben gegenüber den Italienern würde diese Tendenz weiterhin fördern und als Schwächezeichen von uns gewertet werden."
"geschäftlich besonders einflußreiche und wohlhabende Juden"vor dem deutschen Zugriff schützt.
Gruppe Inland II schlägt daher vor, den Italienern mitzuteilen, daß "selbstverständlich"
die Klärung der Frage der Staatsangehörigkeit den italienischen Stellen überlassen bleibe. Aus grundsätzlichen Erwägungen und um keine Präzedenzfälle zu schaffen, könnten jedoch Juden, die zur Zeit die italienische Staatsangehörigkeit nicht besitzen, nicht von den allgemeinen Judenmaßnahmen ausgenommen werden, auch dann, wenn Anträge auf Gewährung oder Wiederverleihung der italienischen Staatsangehörigkeit noch laufen. (ADAP, Serie E, Bd. V, Nr. 358)
Die "Judenfrage"
soll zu einem ständigen, täglich zu behandelnden Thema gemacht werden. (Walk, S. 398)
Hitler fordere "von der Presse härtere Angriffe gegen das internationale Judentum. Daß diese bisher noch nicht im gewünschten Stil stattgefunden haben, ist in der Hauptsache auf die Bremsarbeit des Reichspressechefs (Dietrich) zurückzuführen. Er möchte die Presse, wie er immer sagt, seriöser gestaltet wissen als früher in der Kampfzeit. Ich stehe hier absolut auf seiten des Führers. (...) Die Judenfrage ist neben der Frage des Antibolschewismus das Europa bewegende Problem. Wenn wir hier stur und eigensinnig beim einmal eingeschlagenen Kurs bleiben, so werden wir zweifellos den Erfolg auf unserer Seite haben."
(Fröhlich II, Bd. 8, S. 181)
Ein Transport mit österreichischen Zigeunern kommt in Auschwitz an. 47 Frauen und Mädchen sowie 48 Männer und Jungen werden als Häftlinge registriert. (Czech, S, 481)
Memorandum Veesenmayers "Das Judenproblem in Ungarn"
. (Veesenmayer ist zu dieser Zeit "Sonderbeauftragter"
des Auswärtigen Amts in Slowakien).
"Der Schlüsselpunkt für die defaitistische Einstellung der maßgeblichen Kreise in Ungarn und die weitgehende Sabotage des gemeinsamen Kriegszieles ist vorwiegend im Judentum Ungarns zu suchen."
- Die Juden beeinflußten nicht nur das gesamte Wirtschaftsleben maßgeblich, sondern seien "auch in allen übrigen Sparten mehr oder minder dominierend."
Aus folgenden Gründen sei Ungarn zur Zufluchtstätte der europäischen Juden geworden:
"Man sieht daher in dem starken Anteil und der Bedeutung des Judentums den besten Garanten, um vor jedem ernsten Luftangriff geschützt zu sein."
"Die derzeitige ungarische Regierung, das Judentum und breite Schichten des Bürgertums glauben nicht an den Sieg der Achsenmächte und wünschen ihn auch nicht."- Sie setzen auf die Amerikaner und erwarten von ihnen
"auf Grund ihrer gastfreundlichen Einstellung zum Judentum Schonung und wohlwollende Behandlung. Sie sehen im Judentum einen Garantieschein für den Schutz der 'ungarischen Belange' und glauben, durch die Juden den Nachweis führen zu können, daß sie diesen Krieg nur gezwungenermaßen an der Seite der Achsenmächte geführt haben."
Die Stellung der Juden habe sich unter der Regierung Kallay wesentlich verstärkt. "Kallay selbst hat sich nachweislich neuerdings dahingehend geäußert, daß er das Unrecht seines Vorgängers in der Judenfrage wieder gutzumachen bestrebt sei, da alle Maßnahmen gegen das Judentum, außenpolitisch gesehen, als Verbrechen gegen Ungarn von ihm angesehen würden."
Ungarn leiste auf allen Gebietes der Kriegführung nur einen Bruchteil des Möglichen. Das gelte insbesondere auch auf wirtschaftlichem Gebiet. Praktisch überall handele es sich dabei um "latente Sabotage"
. Das Judentum provoziere künstlich eine Inflation und sorge für eine "ungeheure Gerüchtebildung aller Art"
. Dadurch sei "eine Demoralisierung und Korruption entstanden, die alle vorstellbaren Maße weit übertrifft und keine Bevölkerungsschicht ausnimmt."
(ADAP, Serie E, Bd. VI, Nr. 43)