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Anfang März 1944

Ungarn

Die deutschen Stellen treffen Vorbereitungen, um gleich nach dem bevorstehenden Einmarsch nach Ungarn mit der Ghettoisierung und Deportierung der Juden zu beginnen. Eine Einsatzgruppe der Sicherheitspolizei und des SD wird zusammengestellt. Eichmann bildet ein Sonder-Einsatzkommando unter seiner Leitung. (IMT, Bd.4, S.407-408)

März-April 1944

Griechenland

Über 6.000 griechische Juden aus Athen und anderen Teilen des Festlands werden nach Auschwitz deportiert. Anschließend nehmen die Deutschen die Juden auf allen größeren Inseln fest und transportieren sie ab. 1.500 Menschen können mit Booten und Schiffen in die Türkei flüchten.

04.03.1944

Generalgouvernement

Rede Generalgouverneur Franks auf einer Arbeitstagung der Redner des Arbeitsbereichs GG der NSDAP in Krakau.

"Stellen Sie sich die jetzige Situation des Generalgouvernements vor, wenn wir noch wie im Jahre 1939 eineinhalb bis zwei Millionen Juden im Lande hätten. Entsinnen Sie sich, welch grauenhaft schwerer Aufgabe man sich unterziehen mußte, um das Judenproblem im GG zu lösen. Wenn heute da und dort ein Wehleidiger mit Tränen in den Augen den Juden nachtrauert und sagt, ist das nicht grauenhaft, was mit den Juden gemacht worden ist, dann muß man den Betreffenden fragen, ob er heute noch derselben Meinung ist. Wenn wir heute diese zwei Millionen Juden in voller Aktivität und auf der anderen Seite die wenigen deutschen Männer im Lande hätten, würden wir nicht mehr Herr der Lage sein. Wir hätten Sabotage im Lande, daß wir uns nicht mehr retten könnten. Das ist auch ein Erfolg des Nationalsozialismus, denn damit wäre niemand im Leben fertiggeworden. (...) Die Juden sind eine Rasse, die ausgetilgt werden muß; wo immer wir nur einen erwischen, geht es mit ihm zu Ende." (Präg, S. 810-811)

Wartheland

750 Menschen werden aus dem Ghetto von Lodz  abtransportiert. (Lodz, S. 281)

05.03.1944

Niederlande/Auschwitz

Ein Zug mit 732 Juden aus Westerbork kommt in Auschwitz an. 76 Frauen und 179 Männer werden in das Lager übernommen; die anderen 477 Menschen werden in den Gaskammern ermordet.

An die jüdischen Häftlinge, die am 8. September 1943 aus dem Ghetto Theresienstadt nach Auschwitz eingeliefert worden waren und sich im "Familienlager" in Birkenau befinden, werden Postkarten ausgegeben. Man befiehlt ihnen, diese mit einem Datum zwischen dem 25. und 27. März zu versehen und ihren Verwandten zu schreiben, sie seien gesund und es gehe ihnen gut.

Bei der Ankunft hatte dieser Transport 5.006 Menschen umfaßt; Anfang März 1944 sind nur noch etwa 3.800 am Leben. (Czech, S. 733-734)

07.03.1944

Ungarn

Die USA lassen über ihre Botschaften in Bern und Lissabon der ungarischen Regierung eine Note übermitteln, die Ungarn mit Vergeltung droht, falls gegen die Juden vorgegangen würde. (Bauer, Freikauf, S. 286)

08.03.1944

Auschwitz

Die im September 1943 aus Theresienstadt nach Auschwitz überstellten, im "Familienlager" untergebrachten jüdischen Häftlinge werden in den Gaskammern ermordet - insgesamt 3.791 Menschen. (Czech, S. 734-737)

09.03.1944

Himmler teilt Göring schriftlich mit, daß geplant sei, für den Bau unterirdischer Rüstungsfabriken rund 100.000 Gefangene aus den Konzentrationslagern zur Verfügung zur stellen.

Der von Xaver Dorsch, einem Abteilungsleiter in Speers Rüstungsministerium, ausgearbeitete Plan sah den Bau von sechs riesigigen unterirdischen Industrieanlagen vor; sie sollten bis November 1944 fertiggestellt werden. Eine dieser Anlagen sollte im Protektorat Böhmen und Mähren mit Hilfe jüdischer Arbeiter aus Ungarn errichtet werden. (Braham, Politics of Genocide I, S.377)

10.03.1944

Wartheland

850 Menschen werden aus dem Ghetto von Lodz abtransportiert. Die Deportationen gingen in die Zwangsarbeitslager der HASAG-Werke in Czestochowa und Charzysko-Kamienna. (Lodz, S. 281)

Frankreich/Auschwitz

Ankunft eines Transports mit 1.501 Juden aus dem französischen Lager Drancy. 80 Frauen und 110 Männer werden in das Lager eingewiesen; mehr als 1.300 Menschen werden ermordet. (Czech, S. 737)

Aus Wien geht ein Transport mit etwa 80 jüdischen Menschen nach Theresienstadt ab.

12.03.1944

Ungarn

Hitler gibt den Befehl zur Besetzung Ungarns.

In der Einleitung heißt es: Es sei ihm und der Reichsregierung schon seit einiger Zeit bekannt gewesen, daß die ungarische Regierung Kállay den Verrat an den vereinten europäischen Staaten vorbereite. Die Juden, die alles in Ungarn kontrollierten, zusammen mit einzelnen reaktionären oder teilweise jüdischen und korrupten Elementen der ungarischen Aristokratie, hätten das ungarische Volk, das Deutschland gegenüber positiv eingestellt gewesen sei, in diese Lage gebracht. (Braham, Politics of Genocide I, S. 363)

13.03.1944

Goebbels Tagebuch

"Unsere Propaganda muß darauf angelegt sein, daß wir gegen die Plutokratie, die soziale Reaktion und das Judentum Stellung nehmen. Ungarn hat 700.000 Juden; wir werden dafür sorgen, daß sie uns nicht durch die Lappen gehen." (Fröhlich II, Bd. 11, S. 462)

15.03.1944

Niederlande

Ein Zug mit 210 jüdischen Menschen aus Westerbork geht zum KL Bergen-Belsen ab.

16.03.1944

Goebbels Tagebuch

In Berlin leben noch etwa 6.000 teils "privilegierte", teils "geduldete" Juden. Er wolle diese im Auge behalten und bei der erstbesten Gelegenheit "abschieben" lassen. (Fröhlich II, Bd. 11, S. 490)

19.03.1944

Ungarn

In den Morgenstunden beginnt die Besetzung durch deutsche Truppen. Zahlreiche Vertreter der Oppositionsparteien und des konservativen Adels, Industrie- und Finanzkapitalisten, sowie jüdische Anwälte und Ärzte werden schlagartig festgenommen.

20.03.1944

Ungarn

Krumey und Wisliceny, zwei Mitglieder von Eichmanns Sonderkommando, geben den Vertretern der jüdischen Gemeinschaft Budapests den Befehl, einen Judenrat als oberstes Organ aller ungarischen Juden und als Ansprechpartner der Deutschen zu bilden. Das achtköpfige Gremium wird am folgenden Tag unter Führung von Samu Stern, Präsident der jüdischen Gemeinde von Pest, gebildet. Die Hauptrichtungen des ungarischen Judentums sind darin vertreten.

22.03.1944

Auschwitz/USA

Die "Los Angeles Times" berichtet, unter Bezug auf das Informationsministerium der polnischen Exilregierung, daß in Auschwitz mehr als 500.000 Menschen, hauptsächlich Juden, getötet worden seien. Innerhalb des Lagers gebe es drei Krematorien zur Beseitigung von täglich 10.000 Leichen. Auch die Existenz der Gaskammern wird in dem Artikel erwähnt. (Czech, S. 742)

Ungarn

Der frühere ungarische Gesandte in Berlin, Sztojay, bildet eine neue Regierung, die weitgehend ausführendes Organ der Deutschen ist. Die Ernennung von SS-Hauptsturmführer Veesenmayer zum Reichsbevollmächtigten in Ungarn wird bekannt gegeben. Seine Aufgabe besteht wesentlich darin, Druck auf die ungarische Regierung sowohl im Sinn des Auswärtigen Amts als auch des RSHA auszuüben.

23.03.1944

Italien

In den Fosse Ardeatine südlich von Rom werden als "Vergeltung" für einen Partisanenangriff 322 Geiseln erschossen, darunter 75 Juden.

24.03.1944

USA

In einer Pressekonferenz spricht Präsident Roosevelt über den systematischen Mord an den Juden Europas und bekräftigt die Entschlossenheit der USA, keinen der Beteiligten an diesen grausamen Verbrechen straffrei ausgehen zu lassen. Er sagt außerdem: "Hunderttausende von Juden, die, obwohl verfolgt, in Ungarn und auf dem Balkan zumindest vor dem Tode sicher waren, sind nun, da Hitlers Truppen über diese Länder herfallen, von Vernichtung bedroht. Es wäre eine große Tragödie, wenn diese unschuldigen Menschen, die bereits zehn Jahre des Wütens Hitlers überlebt haben, gerade am Vorabend des Triumphes über die Barbarei (...) umkommen würden." (Bauer, Freikauf, S. 286)

24. - 25.03.1944

Griechenland

Großaktion der Deutschen gegen die jüdische Bevölkerung Griechenlands.

In Athen ereicht der SD durch die Ankündigung, es würde Mehl zum Backen der Mazzoth für das bevorstehende Pesach-Fest verteilt, daß eine überdurchschnittliche Menschenzahl zum wöchentlichen Zählappell in die Synagoge kommt. Fast 800 Menschen werden dort festgenommen, weitere 500 in ihren registrierten Wohnungen. Sie werden für einige Tage im nahen KL Chaiari zusammengepfercht, bis auch die Juden aus der Provinz "transportfertig" sind.

Im größeren Teil des griechischen Festlands fallen den SD-Kommandos kaum ein Drittel der Juden in die Hände, da viele, besonders junge Leute, untergetaucht bzw. mit Hilfe der Partisanen in die Berge geflüchtet sind. Nur im Epirus gelingt es dem SD, mehr als 90% der Juden festzunehmen. (Benz, Dimension, S. 263-264)

25.03.1944

Niederlande/Auschwitz

Ankunft eines Deportationszugs mit 599 Menschen aus Westerbork in Auschwitz. 304 Männer und 56 Frauen werden in das Lager übernommen, die anderen 239 Menschen werden in die Gaskammern geschickt.

Niederlande: Mit einem Transport aus Den Haag werden 184 Juden nach Auschwitz eingeliefert. Sie waren von Niederländern versteckt und erst kürzlich aufgrund von Denunziationen verhaftet worden. Sie erhalten, da man Direktiven des RSHA abwarten will, keine Häftlingsnummern. Am 3. April werden sie in den Gaskammern getötet. (Czech, S. 744 und 748)

27.03.1944

RK Ostland

Etwa 1.800 Menschen aus dem Konzentrationslager Kauen (Kowno, Litauen) werden von den Deutschen ermordet. Es sind in erster Linie Kinder und alte Menschen. (EdH, S. 806)

29.03.1944

Ungarn

Sitzung des Ministerrats. Justizminister Antal teilt mit, daß Staatschef Horthy der Regierung freie Hand für antijüdische Erlasse gegeben habe. Die Regierung verabschiedet sechs antijüdische Dekrete. Sie betreffen insbesondere: Das Verbot der Beschäftigung von Nicht-Juden in jüdischen Haushalten; Entlassung der jüdischen Beamten und Rechtsanwälte; Ausschluß der Juden aus der Presse- und aus der Theaterkammer (gleichbedeutend mit Berufsverbot). Vom 5. April an müssen alle Juden - abgesehen von wenigen Ausnahmen, insbesondere Kriegesveteranen - als Kennzeichen einen gelben Stern tragen.

30.03.1944

Frankreich/Auschwitz

Aus dem Lager Drancy werden 1.000 jüdische Menschen nach Auschwitz eingeliefert. Nach der "Selektion" werden 148 Frauen und 380 Männer als Häftlinge übernommen, die anderen 472 Menschen werden in den Gaskammern getötet. (Czech, S. 746)

Großbritannien

Außenminister Eden betont in einer Erklärung die Entschlossenheit der britischen Regierung, daß alle Schuldigen an den deutschen Verbrechen abgeurteilt werden sollen. Eine entsprechende Warnung richtet er auch an Deutschlands Verbündete.

31.03.1944

Rumänien/Türkei

Der deutsche Gesandte in Ankara, Jenke, an das Auswärtige Amt.

Seit einiger Zeit verhandelt das Internationale Rote Kreuz mit den Türken über Mitwirkung bei der Auswanderung von 1.500 Juden aus  Rumänien nach Palästina. Die türkische Regierung sei bereit, dafür ein Schiff zur Verfügung zu stellen. Der Botschafter der USA dränge auf beschleunigte Durchführung. Der türkische Außenminister Numan läßt Außenminister Ribbentrop bitten, seine Zustimmung zu geben, da es zur Absicherung seiner Neutralitätspolitik notwendig sei, "zeitweilig Ballast abzuwerfen".

Ribbentrop ließ Numan daraufhin mitteilen, daß seinem Wunsch "aus Gründen der Spionageabwehr und aus seestrategischen Gründen nicht entsprochen werden könne". (ADAP, Serie E, Bd. VII, Nr. 309 und Fußnote)

Ungarn

Lt. einem SD-Bericht wurden seit dem deutschen Einmarsch in gezielten "Einzelaktionen" 3.364 Juden verhaftet. (Braham, Destruction II, Nr. 246)

WELTKRIEGSEREIGNISSE

04.03.1944

Beginn der sowjetischen Frühjahrsoffensive an der ukrainischen Front.

15.03.1944

Die sowjetischen Streitkräfte stoßen über den Bug vor und erreichen am 20. März den Dnjestr.

18.03.1944

Ungarn

Horthy und Mitglieder der ungarischen  Regierung sind zu Hitler bestellt worden. Hitler wirft den Ungarn vor, sie stünden in Verhandlungen mit den alliierten Regierungen über ein Ausscheiden aus dem Krieg. Außerdem lebten in Ungarn fast eine Million Juden frei und nahezu ohne persönliche Beschränkungen, was von Deutschland als Bedrohung der Front angesehen werde. Die deutsche Regierung müsse unter diesen Umständen eine Wiederholung der italienischen Ereignisse befürchten.

Hitler teilt mit, daß er daher die militärische Besetzung Ungarns beschlossen habe, und fordert Horthys Zustimmung zu einer vorbereiteten Erklärung. Der ungarische Staatschef unterschreibt nicht, drückt aber auch keinen öffentlichen Widerspruch aus und bleibt im Amt.

20.03.1944

Sowjetische Streitkräfte befreien Winniza (Westukraine) und Mogiljow-Podolski (Transnistrien).

26.03.1944

Sowjetische Truppen erreichen am Pruth die Grenze des rumänischen Kernlandes und überschreiten den Fluß nördlich von Jassy.

28.03.1944

Rumänien

Sowjetische Truppen befreien das rumänische Konzentrationslager Domanewka in Transnistrien. Etwa 500 Juden, meistens Vertriebene aus Rumänien, sind noch am Leben. (EdH, S. 363)

29.03.1944

UdSSR

Sowjetische Truppen befreien Kolomyja (Westukraine). Nur einige Dutzend Juden haben in Verstecken und in Wäldern der Umgebung überlebt. Vor dem deutschen Einmarsch hatten in Kolomyja etwa 15.000 ansässige Juden und mehrere tausend jüdische Flüchtlinge aus Polen gelebt. (EdH, S. 781-782)