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01.03.1938
Erlaß des Reichswirtschaftsministers. ("Geheim")
Bei der Vergabe öffentlicher Aufträge ist nach dem Grundsatz zu verfahren, daß jüdische Firmen nicht zu beteiligen sind, es sei denn, daß im Ausnahmefall zwingende Gründe des Allgemeininteresses eine solche Vergabe erforderlich machen. (Walk, S. 217)
05.03.1938
Ungarn
Ministerpräsident Darányi stellt in einer Rede sein Regierungsprogramm vor. Zur "Judenfrage"
sagt er: Die Juden hätten namentlich in den Städten, vor allem aber in Budapest im Kultur- und Wirtschaftsleben eine Geltung erlangt, die ein aufreizendes Moment darstelle und auf ein Maß zurückgeführt werden müsse, das der christlichen Gesellschaft die ihr zustehenden Lebensbedingungen sichere. Eine solche Politik diene auch den Interessen des Judentums, da sie geeignet sei, den Antisemitismus und damit die Ausdehnung extremer Bewegungen abzuschwächen. (AdG, S. 3459)
10.03.1938
Palästina
Aufzeichnung aus dem Referat Deutschland im Auswärtigen Amt
Das Referat bemühe sich aus folgenden Gründen seit mehr als einem Jahr, zusammen mit der NSDAP-Auslandsorganisation und anderen Stellen, die Liquidierung des Haavara-Abkommens zu erreichen:
- Angesichts der strikten deutschen Devisengesetzgebung sei das Abkommen für die Juden die einzige Möglichkeit, ihr Kapital ins Ausland zu transferieren.
- Durch den Zufluß von deutschem Kapital in jüdischen Händen werde der Aufbau eines jüdischen Staates in Palästina gestärkt; ein solcher Staat liege aber nicht im deutschen Interesse.
- Man habe kein Interesse, die Auswanderung reicher Juden zu fördern, die ihr Kapital mitnehmen. Das deutsche Interesse sei vielmehr eine Massenemigration, aber diese könne und wolle Palästina nicht aufnehmen. In 1937 beispielsweise habe Palästina nur 1.500 deutsche Juden aufgenommen. Andererseits werde der Kapitalexport nach Palästina mittels Haavara in den kommenden Monaten 90 Mio. RM betragen.
Nach Ansicht aller betroffenen Stellen, insbesondere der Parteistellen, mit Ausnahme des Wirtschaftsministeriums und der Reichsstelle für Devisenbewirtschaftung, sei es daher höchste Zeit, diese Lücke in der deutschen Devisengesetzgebung zu schließen.
Der Innenminister wolle Hitler ein Memorandum mit folgenden Fragen zur Entscheidung vorlegen:
- Ist es immer noch vertretbar, die Auswanderung reicher Juden auf Palästina zu konzentrieren und so zur Bildung eines jüdischen Staates beizutragen? Wäre es nicht besser, die jüdische Auswanderung aufzusplittern und so die antisemitische Stimmung in der Welt zu fördern?
- Ist es nicht notwendig, das Haavara Abkommen sofort zu kündigen, auch wenn deutsche Exporteure seine Aufrechterhaltung befürworten?
Es wird Entscheidung Ribbentrops, ob so verfahren werden könne, erbeten. (ADAP, Serie D, Bd. V, Nr. 580)
13.03.1938
"Anschluß"
Österreichs an das Deutsche Reich
190.000 Juden kommen dadurch unter nationalsozialistische Herrschaft. Kurz nach dem "Anschluß"
werden aus dem Burgenland jüdische Einwohner, zunächst illegal auf Betreiben lokaler Stellen und bald auch mit Kenntnis und Unterstützung von Eichmann und Heydrich, über die tschechoslowakische Grenze getrieben oder zum Teil auch nach Wien abgeschoben.
Streicher schreibt im "Stürmer" 12/38: Mit dem Anschluß Österreichs habe "der Weltjude wieder eine Schlacht verloren"
. Noch lebe er zwar im Reich. "Die ihm gewesene Macht aber ist ihm genommen, seine Herrschaft ist gebrochen. Wir gehen herrlichen Zeiten entgegen, einem Großdeutschland ohne Juden."
(IMT, 802-D)
18.03.1938
Das Waffengesetz verbietet Juden oder Betrieben, unter deren technischen Leitern ein Jude ist, die gewerbsmäßige Herstellung, Bearbeitung oder Instandsetzung von Schußwaffen oder Munition; ebenso gewerbsmäßigen Erwerb, gewerbsmäßiges Feilhalten oder Überlassen sowie Vermittlung solcher Geschäfte. (RGBl I, 265-269)
22.03.1938
Richtlinien-Erlaß des Reichserziehungsministers
Vor der Verleihung der Würde eines Ehrendoktors, akademischen Ehrensenators, Ehrenbürgers oder Ehrenmitgliedes an deutsche Staatsangehörige ist sorgfältig zu prüfen, ob der Kandidat und sein Ehegatte rein arischen Blutes sind. (Walk, S. 218)
24.03.1938
Erlaß des Reichsinnenministers
Juden ist die Benutzung staatlicher Archive, außer zu familiengeschichtlichen Zwecken und zur Erforschung des jüdischen Volkstums, zu versagen. In den genannten Ausnahmefällen ist darauf zu achten, daß dem jüdischen Archivbenutzer nur das Material vorgelegt wird, das für den Feststellungs- oder Forschungszweck unentbehrlich ist. (Walk, S. 219)
26.03.1938
Rede Görings in Wien
"Die Stadt Wien kann sich heute nicht mehr mit gutem Gewissen eine deutsche Stadt nennen. (...) Wo 300.000 Juden leben, kann man nicht mehr von einer deutschen Stadt sprechen.
Wien muß wieder eine deutsche Stadt werden, weil sie in der Ostmark Deutschlands wichtige deutsche Aufgaben hat. Diese Aufgaben liegen sowohl auf dem Gebiete der Kultur wie auch auf dem Gebiete der Wirtschaft. Weder auf dem einen noch auf dem anderen können wir auf die Dauer den Juden gebrauchen. Aber das darf nicht durch falsche Eingriffe oder dumme Maßnahmen versucht werden, sondern muß ganz systematisch mit aller Überlegung geschehen."
Als Beauftragter für den Vierjahresplan gibt Göring Anweisung, "in aller Ruhe die notwendigen Maßnahmen zur sachgemäßen Umleitung der jüdischen Wirtschaft zu treffen, d.h. zur Arisierung des Geschäfts- und Wirtschaftslebens, und diesen Prozeß nach unseren Gesetzen rechtlich, aber unerbittlich durchzuführen."
(IMT, PS-3460)
28.03.1938
Gesetz über die Rechtsverhältnisse der jüdischen Kultusvereinigungen
Den jüdischen Kultusvereinigungen und ihren Verbänden wird ab 1. April 1938 die Stellung von Körperschaften des öffentlichen Rechts entzogen. Sie müssen im Vereinsregister als Vereine bürgerlichen Rechts eingetragen werden. Ihre Beamten verlieren die Beamteneigenschaft. Beschlüsse der Kultusvereinigungen über Bildung, Veränderung und Auflösung und über den Verkauf von Gegenständen, die geschichtlichen, wissenschaftlichen oder Kunstwert haben, bedürfen der Genehmigung durch die zuständige Verwaltungsbehörde. Diese kann gegen die Berufung von Mitgliedern der Organe der jüdischen Kultusvereinigungen und ihrer Verbände Einspruch erheben. Das Gesetz gilt vorläufig noch nicht für das Land Österreich. (RGBl I, S. 338)
Eine Durchführungsverordnung zum Grundsteuergesetz vom 29. 03.38 entzieht den jüdischen Verbänden rückwirkend ab 1.1.38 die Befreiung von der Grundsteuer. (RGBl I, S. 360)
31.03.1938
Verordnung über Angelegenheiten der Rechtsanwälte, Verteidiger, Notare und Patentanwälte im Lande Österreich
Rechtsanwälten und Verteidigern in Strafsachen, die Juden sind, kann die Ausübung ihres Berufs vorläufig untersagt werden. Ausnahmen gelten für Anwälte, die schon zu Beginn des Weltkriegs (1. August 1914) zugelassen waren, für "Frontkämpfer"
sowie für Väter oder Söhne von Gefallenen des Weltkriegs. Das gilt sinngemäß auch für Notare und Patentanwälte. (RGBl I, S. 353)
Polen
Die polnische Regierung erläßt ein Gesetz, das die Möglichkeit vorsieht, im Ausland lebende polnische Staatsbürger auszubürgern. Dies soll u.a. möglich sein, wenn ein Staatsangehöriger während fünf Jahren keine Verbindung mit Polen gehabt hat. Deutschland fordert vergeblich eine Zusicherung, daß Polen auf Verlangen der deutschen Regierung solche ausgebürgerten Personen trotzdem wieder aufnehmen würde.